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Diagnose "nicht lebensfähig", was nun?

Ratschläge zur Vorbereitung der Geburt eines todkranken Babys

 

"Es geht darum, die Tage des Kindes mit Leben zu berreichern, nicht sein Leben um Tage zu verlängern."

American Academy of Pediatrics

 

Von Glück im Unglück zu sprechen wäre wohl ziemlich anmassend. Und doch... Etwas Wahres steckt in diesem Sprichwort. So grausam es auch ist, mitten in der Schwangerschaft zu erfahren, dass sein Baby kurz nach der Geburt sterben wird, so darf und soll man auch die "positiven" Seiten der Situation wahrnehmen.

Ihr Baby lebt... noch! Jeder Augenblick dieses Lebens ist unendlich kostbar, das wird uns hier nur allzu gegenwärtig. Sie brauchen nicht den Moment der Geburt abzuwarten, um eine Bindung zu Ihrem Baby einzugehen, um Liebe zu ihm zu entwickeln.

Die verbleibende Zeit der Schwangerschaft erlaubt es Ihnen, die Umstände von Geburt, Leben und Tod Ihres Kindes in Ruhe vorbereiten zu können. So vieles wird ausser Kontrolle sein, nehmen Sie die Gelegenheit wahr, jetzt zu organisieren, was organisiert werden kann. Damit die unwiderrufbaren Momente mit Ihrem Kind nicht von praktischen Sorgen und Bedauern überschattet werden.

Um Ihnen dabei zu helfen, habe ich einige Tipps zusammengetragen.

Doch vorneweg ein Gedankenanstoss :

Jedesmal, wenn ein anencephales Baby geboren wird, denke ich an unsere Zeit mit Anouk zurück. Was schön war, was besser hätte gehen können. Ich hoffe, dass diese Eltern eine ungetrübte Zeit mit ihrem speziellen Baby haben, dass sie nicht die gleichen "Fehler" wie wir begehen und später kein Bedauern haben müssen. Als ich einmal über meine Bedauern nachsinnte, zeigte mir Gott eine Geschichte aus der Bibel:

Als sie aber weiterzogen, kam Jesus in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf. Und sie hatte eine Schwester, die hiess Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füssen und hörte seiner Rede zu. Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: "Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt alleine dienen? Sage ihr doch, dass sie mir hlefen soll!" Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: "Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden."
Lukasevangelium 10.38-42

So vieles haben wir versäumt, doch Gott sagte zu mir: "Eins ist aber Not": Unsere Tochter von ganzem Herzen zu lieben. Ich habe Anouk nicht gebadet, ich habe nicht einmal versucht sie zu stillen... Doch Gott tröstete mich und sagte mir, "eins war Not, und du hast es getan." Die Liebe, die wir Anouk gegeben haben wird uns nie mehr genommen werden!

Monika, Anouks Mutter

 

Vor der Geburt

Wenn Sie wissen, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist, geben Sie ihm jetzt schon einen Namen.

Singen Sie ihrem Lieder, spielen Sie ihm ihre Lieblingsmusik vor. Erzählen Sie ihm was sie für es empfinden, was Sie ihm gerne zeigen würden, welche Träume Sie für es hatten. Ratschläge zur Förderung einer vorgeburtlichen Bindung zu Ihrem Kind.

Umgeben Sie sich mit Freunden, die Ihre Wahl unterstützen. Die Wochen, die Sie vor sich haben, werden nicht immer einfach sein, da braucht man Menschen, denen man vertrauen kann, vor denen man sich nicht rechtfertigen muss.

Wählen Sie einen Arzt / eine Hebamme, denen Sie vertrauen können, die Ihre Entscheidung akzeptieren.

Wo soll Ihr Kind zur Welt kommen? Krankenhaus, ambulante Geburt, Geburtshaus, zu Hause? Je nach den Bedürfnissen Ihres Babys sind alle Orte möglich. Die meisten Einrichtungen sind offen für einen Besuch, nutzen Sie dies, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen.

Besprechen Sie mit Ihrem Arzt / Ihrer Hebamme, wie die Geburt verlaufen soll (Einleitung, schmerzstillende Massnahmen, Dammschnitt?...). Fassen Sie das Resultat dieser Diskussion in einem Geburtsplan zusammen, der schriftlich festgehalten und Ihre Krankenakte beigelegt wird. Er sollte so einfach und übersichtlich wie möglich verfasst sein, damit er auch in Eile problemlos verstanden werden kann. So haben Sie die Gewissheit, das auch in Abwesenheit Ihres Arztes / Hebamme Ihre Wünsche respektiert werden können. Gehen Sie dabei nicht allzu sehr ins Detail, es kann so viel Unvorhergesehenes geschehen und Ihre schönen Pläne durcheinander werfen.

Wie stellen Sie sich das Leben Ihres Kindes vor ? Welche Massnahmen sollen die ärzte treffen, worauf wollen Sie verzichten? Dieses Baby ist Ihr Baby, und nicht des Krankenhauses. Sie allein entscheiden, wie Ihr Kind behandelt werden soll. Auch hier hilft es, noch während der Schwangerschaft mit einem Neonatolgen (Arzt für Neugeborene) Ihres Krankenhauses zu diskutieren. Er kann Ihnen Antworten auf die vielen Fragen geben, die Sie sich jetzt stellen, und zusammen finden Sie sicher einen Weg. Sie dürfen ihn zum Beispiel bitten, Routineuntersuchungen am Baby erst durchzuführen, nachdem Sie Ihr Kind eine Weile gehalten haben.

Machen Sie sich und dem Arzt bewusst, dass unter Umständen eine Therapiezieländerung angesagt ist. Es geht nicht mehr darum, alles Mögliche für das Kind zu tun, sondern ihm ein möglichst schönes Leben zu geben.

Verlangen Sie rooming-in (das Baby bleibt bei Ihnen im Zimmer, anstatt auf der Säuglingsstation versorgt zu werden).

Erkundigen Sie sich, ob Sie ein Einzelzimmer haben können, falls Sie im Krankenhaus bleiben wollen. Die meisten Krankenhäuser bieten in diesem Fall eine solche Leistung ohne Kostenaufschlag an.

Auch diese Wünsche gehören in den Geburtsplan.

Bei einer ambulanten Geburt nehmen Sie Kontakt zu einer freischaffenden Hebamme auf, die Sie während Ihres Post-Parthums zu Hause betreuen kann.

Wenn Sie bereits Kinder haben, wollen Sie dass sie ihr Geschwisterchen sehen? Reden Sie mit ihnen darüber, Kinder wissen oft sehr genau was sie wollen, und auch wo ihre Grenzen sind. Akzeptieren Sie ihre Entscheidung.

Wir hatten uns von Anfang an dazu entschieden, unseren Kindern (6, 5 und 3 Jahre alt) nichts zu verheimlichen oder vorzuenthalten. Es war dann auch für alle drei sehr wichtig, ihre kleine Schwester zu sehen. Sie zu sehen und zu be-greifen. So wurde sie Wirklichkeit für sie. Und nicht zuletzt konnten sie so auch mit eigenen Augen sehen, dass Anouk wirklich nicht lebensfähig war.
Monika, Anouks Mutter

Wählen Sie eine Vertrauensperson aus, die mit den Kindern nach der Geburt in den Gebärsaal kommt, oder sich sonst um sie kümmert. Wählen Sie jemanden, der Ihre Kinder gut kennt. Die Geschwister werden sicher viele Fragen haben, müssen vielleicht getröstet werden. Sie als Eltern werden zu diesem Zeitpunkt nicht sehr verfügbar für Ihre anderen Kinder sein.

Wer sonst soll Ihr Baby sehen, oder gar bei der Geburt anwesend sein ?

War das eine schwierige Entscheidung für uns. Auf der einen Seite wollten wir diese wertvollen Momente mit unserer Tochter ganz für uns alleine haben, jede Sekunde so nehmen zu können, wie sie kommen würde, ohne Rücksicht auf irgend jemanden nehmen zu müssen. Und auf der anderen Seite waren unsere Eltern, die ihre Enkeltochter doch auch gerne lebend in die Arme nehmen wollten. Was wäre ich gerne alleine mit ihr geblieben, sie mit niemandem teilen zu müssen. Doch eteilte Liebe ist doppelte Liebe. Ich bin jetzt so froh, dass andere Anouk lebend erlebt haben, dass ich jemandem "weisst Du noch?" sagen kann!
Monika, Anouks Mutter

Kleider und Decken stellt das Krankenhaus sicher zur Verfügung, doch wenn Sie Ihr Baby schon nur so kurz haben werden, so darf es auch besonders schön sein während dieser Zeit!

Nehmen Sie ein oder mehrere schöne, kuschelige Kleider für Ihr Baby mit. Babies mit schweren Krankheiten / Fehlbildungen sind oft kleiner als normale Babies, deshalb würde ich raten, nach Frühchenkleidern Ausschau zu halten. Diese können auch in einem Versandhaus bestellt werden, wenn ein Besuch in einem Babygeschäft über Ihre Kräfte geht.

Sie können eine kleine Decke mitnehmen. So kann die Hebamme Ihnen Ihr Baby in diese Decke eingewickelt geben, und nicht in ein weisses Krankenhauslaken.

Bereiten Sie eine Liste mit Telefonnummern all derer vor, die Sie nach der Geburt anrufen möchten.

Seit dem 1. April 2007 ist in Deutschland die Spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung Bestandteil des SGB V, geregelt in §37b. Demnach haben alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung einen gesetzlichen Anspruch auf palliative ambulante Versorgung.

Erinnerungen... sie sind so wichtig ! Es lohnt sich, vorher über die verschiedenen Möglichkeiten nachzudenken, Erinnerungen und Andenken zu schaffen.

Den wohl wichtigsten Platz unter den Andenken an unsere Babies nehmen die Fotos ein.

Oft ist es möglich, das Baby auch nach seinem Tod nach Hause zu nehmen.

 

Leben mit einem todkranken Baby

Scheuen Sie sich nicht, alle Fragen zu stellen, die sie beschäftigen! äussern Sie ihre Wünsche, lassen Sie ihre Gefühle raus.

Lassen Sie sich Zeit.

Wenn das Baby zu schwach ist, um an der Brust zu trinken, kann die Milch mit einer elektrischen Pumpe abgesogen werden, und dann mit einem "Habermann" (spezieller Schoppen von Medela) gegeben werden.

 

Sein Tod und seine Beerdigung

Niemand denkt gerne an den Tod. Schon gar nicht an den bevorstehenden Tod seines Kindes. Man begräbt seine Grosseltern, die ein reiches Leben hinter sich haben, aber doch nicht sein neugeborenes Baby...

Ich möchte Sie jedoch eindringlich darum bitten, jetzt schon darüber nachzudenken. Nach dem Tod Ihres Babys werden Sie höchstwahrscheinlich nicht in der Verfassung sein, Entscheidungen zu treffen, die unwiderrufbar sein werden, falls Sie später Ihre Meinung ändern.

Die Beerdigung Ihres Kindes vorzubereiten, bedeutet nicht dass es Ihnen an Gottvetrauen fehlt. All diese Vorbereitungen können in einer Sekunde vergessen werden, falls Gott ein Wunder vollbringt, und Ihr Baby gesund zur Welt kommt. Doch es braucht Zeit und Energie alles in letzter Minute zusammenzubringen zu müssen. Es ist besser, wenn Sie sich jetzt um diese Dinge kümmern können, wo Sie noch einen klaren Kopf haben und sehr wahrscheinlich mehr Kraft als nach einer Geburt.

Wenn diese Gedanken Ihre Kräfte übersteigen, können Sie vielleicht jemanden finden, an den Sie diese Dinge delegieren können.

Was sie jetzt schon tun können :

  • Sammelns Sie Ideen für eine Geburts- und Todesanzeige
  • Bereiten Sie eine Adressliste vor, für die Empfänger der Anzeige
  • Wählen Sie schöne Kleider für ihr Baby aus.
  • Kontaktieren Sie ein Bestattungsunternehmen.
  • Welche Art von Beerdigung wünschen Sie?
  • Nehmen Sie Kontakt zu einem Pfarrer auf.

Sie dürfen Ihr totes Kind nach Hause nehmen und es dort aufbahren bis zur Beerdigung (wie dies früher Sitte war). Sie dürfen es - zumindest in der Schweiz - sogar selber transportieren.

Um ein ganz kleines Baby zu bekleiden, kann Puppenkleidung gut aushelfen.

Eine Obduktion kann, muss aber nicht durchgeführt werden.

 

 

Links

Sternennest. Eltern können ihr Kind darin betten und so weich umhüllt und beschützt in einen Sarg legen. Sie bieten die Möglichkeit, ein Kind in Würde gehen zu lassen.

 

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 03.03.2020